Reife für das Museum: Die gute Uhr in der Zeit des Smartphone - Reportagen
Genève (dpa) - Wenn die Meisteruhrmacher der MB&F-Werkstatt in Genf ihrer neuesten Schöpfung nachgeben, ist die Zeit egal. MB&F fertigt ausschließlich hochwertige Uhren und Zeitmessinstrumente. Auf der SIHHH in Genf zeigt er die Uhren. Dort werden 35 der exklusiven der Branche ausgestellt, und die Fachmesse (15. bis 20. Januar) steht für feinste Uhren-Tradition.
Doch sind herkömmliche Uhren in der Zeit der intelligenten Uhren nicht überholt? Es läutet keine Alarmglocke beim Schweizer Uhrenverband. "Bisher kann man nicht behaupten, dass intelligente Uhren das Business mit anderen Uhren beeinflussen", sagt Jean-Daniel Pasche, Präsident des Verbandes. Seit Jahren geht der Schweizer Markt gar in Sachen Wert und Menge zu mechanischen Uhren, sagt Pasche.
Der Schweizer Uhrenmarkt mit Markennamen wie Rolex, Omega, Baume & Mercier ist aber auch wegen seiner klassischen Uhrmacherkunst besonders: Während mehr als 90 % der Uhren in der ganzen Welt elektrisch hergestellt werden, also über eine Autobatterie Elektrizität benötigen, beträgt der Marktanteil in der Schweiz nur 70 %. Die Schweizer Uhren sind zu 30 % mechanischer Natur, das heisst, sie haben Feder und Getriebe und werden von Menschenhand oder per Uhrwerk aufzogen.
Diese Uhren sind viel kostspieliger. Aus diesem Grund machen die mechanischen Uhren 80 Prozent der Exporterlöse der Schweiz aus, so Pasche.
Der Schweizer Uhrenmarkt ist auf Expansionskurs und konzentriert sich in letzter Zeit zunehmend auf die Bereiche Online und soziale Medien. Die aktuellen Zahlen belegen, dass sich die Schweizer Uhrmacherei in einem rasanten Aufschwung befinden. Seit etwa einem Jahr wächst die Industrie nach einem Gutachten der NZZ wieder. Die Schweizer Uhrmacherei ist in den vergangenen zwanzig Jahren so erfolgreich geworden, dass sie den Marketing-Diskurs auf Ursprung und Echtheit ausgerichtet hat.
Gemäss dem Neuchâteler Innovationswissenschaftler Hugues Jeannerat verkauft sich die Schweizer Uhr heute nicht mehr primär deshalb, weil sie Technologieführer ist und der modische Aspekt, der die ersten Jahre der Erfolgsgeschichte von Swatch geprägt hat, nur in Einzelfällen eine wichtige Bedeutung hat. Dabei geht es auch nicht darum, wie sehr die Erzeugnisse entwickelt oder verfeinert wurden, sondern vor allem um die Frage, was eine "echte Uhr" ist.
In dieser Hinsicht ist es nicht überraschend, dass sich die Uhrenindustrie für eine schärfere Regelung des Labels "Swiss made" einsetzt. Andererseits setzen sie zunehmend auf ihre Herkunft, ihr historisches Vermächtnis und ihre Echtheit. Indem sie ihre historische Wichtigkeit unterstreichen, können sich traditionelle und in der Schweiz besonders viele andere Brands von der jungen Generation abgrenzen.
Heutige Konkurrenten der Schweizer Uhrenbranche kommen von aussen. Auf der einen Seite entstehen die bei der jungen Generation sehr populären Handwerksmarken, auf der anderen Seite partizipieren die Technologieunternehmen mit ihren smarten Uhren am Wettbewerb um potenzielle Nachfrager. Uhrmachertradition oder Gütesiegel sind von geringer Bedeutung. Die Handwerksmarken greifen einen Designtrend auf und treiben dann das Marketing über soziale Medien voran.
Gerade für Billiguhrenhersteller sind diese Uhrenmarken zu einem ernsthaften Konkurrenten geworden, da sie eine völlig andere Preisstruktur haben. Obwohl die Smartuhren etwas leiser geworden zu sein scheinen, werden die Geräte mit hohem Entwicklungstempo weiter entwickelt und der Marktleader Apple setzt sein Wachstum mit zweistelligen Raten fort. Eine besondere Gefährdung für die traditionellen Uhren erkennt Peter Stas, Leiter von Alpina und einer der Pioniere von Smartwatch in der Schweiz.
Falls Menschen aus gesundheitlichen Erwägungen heraus spontan das Bedürfnis verspüren, stets einen Sensor am Arm zu haben, fühlen sich die normalen Uhren an.